Hier in diesem Blog haben wir bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass sich neue Player in die Domäne klassischer Banken einmischen werden. Amazon haben wir genannt, Apple ebenso. Auch Alphabet (Mutterkonzern von google).
Mit Kreditkarten fing es an. Zwischenzeitlich werden Händlern, die über Amazon ihre Geschäfte abwickeln und Waren versenden lassen, auch Kredite zur Finanzierung neuer Wareneinkäufe angeboten (aktuell noch nicht in Deutschland, wohl aber in England).
Der Einstieg ins Privatkundengeschäft ist daher nur eine Frage der Zeit – denn er liefert interessante Zusatzinformationen für den Versandhandelskonzern. Mehr noch: Anders als eine neue Bank hat Amazon bereits das Vertrauen der Kunden gewonnen. Zusatzdienstleistungen zu verkaufen ist stets viel leichter, als einen neuen Kunden von einer neuen Marke zu überzeugen.
Und Amazon hat Geld. Sie müssten gar keine Bank komplett neu aufbauen, sondern könnten sogar bestehende Institute aufkaufen und so schneller integrieren.
Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Papier. Denn meist haben bestehende Banken hochkomplexe alte IT-Systeme, die extrem verschachtelt sind und über zahlreiche Satelittensysteme mit Schnittstellen verknüpft sind, sodass der eigentliche Zweck (zusätzliche Informationen über den Kunden zu bekommen) mit den Altsystemen gar nicht so einfach zu realisieren ist… dann würde mehr für einen Neuaufbau sprechen…
Doch man kann es auch anders sehen: Unternehmen müssen sich stets neu erfinden, um am Leben zu bleiben. Das Beispiel des Gummistiefelherstellers Nokia hatten wir hier ja schon.
Vielleicht möchte Amazon künftig als Kerngeschäftsfeld das Banking haben und den Versandhandel nebenher laufen lassen (ihn kann man kaum mehr optimieren), um wieder eine neue Herausforderung zu haben.
Jeff Bezos (CEO von amazon.com) dürfte es jedenfalls langweilig werden, stets weiteres Wachstum verkünden zu müssen, ohne irgendwo echt gefordert zu sein.
Und mal ganz im Ernst: Der Ruf des Filialbankers ist spätestens seit der Finanzkrise nicht mehr so gut, wie früher. Warum sollten wir also unsere Altersvorsorge nicht bei Amazon kaufen?
Als Inhaber unseres Girokontos könnten die einen Service einrichten, dass alles überschüssige Kapital am Monatsende automatisch angespart wird. Wofür? Nun, einen Wunschzettel gibt es bei Amazon schon. Und Reminder-E-Mails, dass ein bestimmtes Produkt jetzt erwerbbar ist, ebenfalls.
Und selbst wenn wir Schuhe online ordern könnte Amazon gleich mit ausrechnen, wie hoch der Überziehungszins pro Monat ist, wenn wir diese Schuhe jetzt noch kaufen, wo unser Girokonto doch bereits im Minus ist und das nächste Gehalt erst in 10 Tagen kommt… oder noch weiter: Kauf und Versand der Schuhe erst dann, wenn das Girokonto wieder im Plus ist… das hat bisher keine Bank dieser Welt geschafft… wäre für Amazon aber ein leichtes.
Und so ist auch der nachfolgende Presseschnipsel (so oberflächlich er auch ist), ein Warnschuss an die klassischen Banken. Ja, sogar an den Regulator. Denn wenn das Girokonto da ist, dann kann keiner mehr sagen, Amazon hätte nicht rechtzeitig gewarnt…
Fragt sich nur, wer dann mehr Amazon-Gutscheine an Bank-Neukunden ausstellt. Amazon selbst oder die Bank-Marken, die wir alle seit Kindertagen kennen?